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12.11.2021 / TH Deggendorf / 13:00 Uhr

3. Netzwerktreffen BayWISS-VK Life Sciences und Grüne Technologien

3. Netzwerktreffen des BayWISS-Verbundkollegs "Life Sciences und Grüne Technologien"

Redakteur: Gerhard Radlmayer

PDF zum Keynote Vortrag

Das Wissenschaftsjahr 2021/21 steht unter dem Motto „Bioökonomie – der Schlüssel zu nachhaltiger Entwicklung“. Gerade im Hinblick auf den fortschreitenden Klimawandel und den starken Handlungsbedarf für den Klimaschutz kommt einer nachhaltigen Nutzung nachwachsender Rohstoffe immer mehr Bedeutung zu. Diese Themen sind von großer Relevanz und auch zentrale Anliegen der Forschungsprojekte innerhalb des BayWISS-Verbundkollegs „Life Sciences und Grüne Technologien“. Darum widmeten die Organisator:innen des mittlerweile 3. Netzwerktreffens des Promotionsverbundkollegs die diesjährige Veranstaltung der Bioökonomie. Dr. Michaela Stegmann, Koordinatorin des Verbundkollegs an der Sitzhochschule Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) führte durch das Programm des auch in diesem Jahr wiederum online stattfindenden Netzwerktreffens.

Prof. Dr. Andreas Grzemba, Vizepräsident Forschung der TH Deggendorf (THD), hätte die Teilnehmenden sehr gerne als Gastgeber auf dem Zentralcampus in Deggendorf begrüßt, angesichts der Corona-Situation wurde die in Präsenz geplante Veranstaltung jedoch in ein Zoom-Online-Meeting umgewandelt. In seiner Begrüßung stellte VP Grzemba die TH Deggendorf als sehr forschungsstarke Hochschule vor, die mit ihren 8 Fakultäten und 12 Forschungscampussen mittlerweile rund 12 Mio. Euro an Forschungsleistungen jährlich erwirtschaftet. Die vier großen Forschungsschwerpunkte sind dabei: Industrie 4.0, Digitale Gesellschaft, Mobilitätsthemen und Gesundheitsmanagement.

Prof. Dr. Jörg Ewald von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) begrüßte die Teilnehmer:innen als Sprecher des Verbundkollegs. Dieses sei das zweitjüngste Kolleg im Bayerischen Wissenschaftsforum in Bayern und sehr breit aufgestellt. Von Anfang an im Boot waren die TH Deggendorf sowie die Universität Bayreuth, die gemeinsam mit der Sitzhochschule HSWT als Gründungshochschulen fungierten. Weitere universitäre Partner wie die Uni Passau, die TUM und die LMU konnten seit Gründung Ende 2018 gewonnen werden. Er berichtete kurz über die bisherigen Aktivitäten und konnte von einem stetigen Wachstum des Verbunds berichten. So sei die Anzahl der Promovierenden im Verbundkolleg von 9 (2019) auf 19 (2021) gestiegen. Sehr positiv für die Entwicklung des Verbundkollegs sei, dass dessen Themen auch in der EU eine immer größere Rolle spielten. "Das gesamte 'Horizon Europe'-Programm spiegelt unseren Verbundkolleg wider", so Jörg Ewald.

Impulsvorträge aus den Mitgliedshochschulen

Beim nächsten Programmpunkt des Netzwerktreffens stellten Vertreter:innen der Mitgliedshochschulen ihre Forschungsaktivitäten im Bereich Bioökonomie und nachhaltiges Wirtschaften vor und setzten damit vielfältige Impulse für innovative Ideenentwicklungen und angeregte Diskussionen in den folgenden Workshops.

Prof. Dr. Kristina Wanieck, die im letzten Jahr ihre Promotion abschloss und seit 2021 Professorin an der TH Deggendorf ist, sprach zum Thema 'Nachhaltigkeit in Produktion und Konsum'. Es gelte, die Bionik noch mehr zu nutzen und bestehende durch umweltverträglichere Stoffe zu ersetzen. Gezielte Forschung könne helfen, manche SDGs (Sustainable Development Goals der UN) zu erreichen und deren Ergebnisse müssten selbstverständlich auch in die Lehre einfließen.

Dr. Maria Vrachioli, TU München, beleuchtete in ihrem Vortrag 'BioMonitor - a modelling framework for bioeconomy and its economic, environmental and social impacts in the EU and its Member States' die Frage nach der Messung des Impacts von Bioökonomie und gab zu bedenken, dass es viele Faktoren bei der Definition von Bioökonomie zu berücksichten gäbe.

Prof. Dr. Klaus Menrad, der eine HSWT-Professur für Marketing und Management Nachwachsender Rohstoffe am TUM Campus Straubing innehat, mahnte in seinem Vortrag 'Reduktion von Kunststoffverpackungen' die sehr hohe, bedenkliche Verwendung von Kunststoff in allen Bereichen an. "Der Verbrauch hat sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt und jede Minute landet ca. eine LKW-Ladung Kunststoffabfälle im Meer", so Menrad. Da sich Kunststoff nur sehr langsam abbaue, gäbe es mittlerweile fast keinen Platz mehr auf der Welt, an dem sich keine Kunststoffpartikel finden lassen. Dabei gebe es bereits viele Alternativen zu Kunststoff, auch wenn noch nicht ausreichend. Er zitierte eine Umfrage, nach der in Europa mehr Verbraucher die Kunststoffproblematik als größer ansehen als den Klimawandel. Doch beim Einkauf würden die Menschen eher weniger auf die Verpackung achten. Eine empirische Erhebung seiner Professur zeigte: drei Viertel der Befragten möchten gerne Kunststoffe beim Einkauf einsparen, fühlten sich aber durch die Marktgegebenheiten darin eingeschränkt. Zudem würden die Konsument:innen oft anders handeln als sie sich dazu äußerten.

Für Prof. Dr. Christine Schmitt, Universität Passau, ist es wichtig, eine Verknüpfung zwischen Mensch und Umwelt herzustellen. Ihr Ziel und gleichzeitig Vortragsthema ist der 'Schutz und die nachhaltige Nutzung von Biodiversität und natürlicher Ressourcen'. Die Strategien dazu sollten physisch-geographische und gesellschaftliche Dimensionen gleichzeitig im Fokus haben. Dazu stellte sie drei Forschungsprojekte u.a. in Afrika und Europa vor.

Prof. Dr. Karl-Heinz Pettinger von der Hochschule Landshut (HL) war kurzfristig für seine Kollegin Prof. Dr. Diana Hehenberger-Risse eingesprungen und stellte in seinem Referat 'Nachhaltige Energiesysteme' verschiedene Projekte am Technologiezentrum Energie der HL vor.

Impulsvoträge durch Promovierende des Verbundkollegs

Das Promotionsthema von Robin Renoth an der Hochschule Neu-Ulm (HNU) lautet: 'Hochtemperatur-Geothermie in Deutschland bis 2050 - Eine soziologische Betrachtung zur Wahrnehmung des Potenzials und der Risiken der Hochtemperatur-Geothermie als erfolgversprechende Stromgewinnungsmethode bis in das Jahr 2050'. Ziel seiner Arbeit ist dabei die Erfassung der Potenziale der Tiefengeothermie im süddeutschen Raum. Er merkte an, dass eine große Hürde dabei noch die allgemeine Wahrnehmung von Geothermie als erneuerbare Energiegewinnungsmöglichkeit sei.

Die Forschungsfrage von Julia Straub, Hochschule Landshut (HL) in ihrer Dissertation 'Entwicklung eines Nachhaltigkeitsbewertungssystems für Kläranlagen und dem nachgeschalteten Klärschlammverwertungspfad am Beispiel der bayerisch-tschechischen Grenzregion' lautet: Welche Methode ist geeignet, um die Nachhaltigkeit der Abwasser- und Klärschlammbehandlung einer Region ganzheitlich (ökologisch, ökonomisch, sozial) zu bewerten? Die Beseitigung von Abwasser sei eine 'kritische Dienstleistung', sowohl in Tschechien als auch Deutschland gebe es ähnliche Probleme mit Kläranlagen. Einen Schlüsselfaktor in ihrer Arbeit sieht sie im Datenmanagement.

Verena Styrnik von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) promoviert zum Thema 'Nachhaltige Almwirtschaft im Klimawandel'. Sie will Erkenntnisse über unterschiedliche Weideregimes sammeln und - aufgrund der sich durch den Klimawandel ändernden Vegetationsstufen während eines Jahres - angepasste Weidesysteme für Almbauern entwickeln Daraus sollen Empfehlungen resultieren, Almen ökonomischer zu betreiben. Die Versuchsbedingungen seien aufgrund der Wetterverhältnisse und den unterschiedlichen Geländebeschaffenheiten relativ schwierig. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Institutionen sei bei dieser Arbeit besonders wichtig.

Ergebnisse der Workshops

Die Workshops widmeten sich zukunftsorientierten Thematiken, in denen die Verbundmitglieder Ideen und Gedanken zur Weiterentwicklung des Verbundkollegs sowie der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses an Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) oder auch zur Kommunikation öffentlichkeitswirksamer Forschungsergebnisse in Sozialen Medien austauschen konnten.

Ein Workshop unter Leitung von Prof. Dr. Jörg Ewald, HSWT, beschäftigte sich mit der Weiterentwicklung des BayWISS-Verbundkollegs. Impulse kamen dabei aus dem Evaluationsbericht des Fachforums Verbundpromotion von BayWISS. Die Berichterstattung über BayWISS sei zwar positiv gewesen, es gab jedoch Kürzungen aufgrund der Corona-Situation und es gebe weiterhin Diskussionen über die Finanzierung. Bei Überlegungen zur Erweiterung des Kollegs sind derzeit die TH Amberg-Weiden, die OTH Regensburg und die Uni Würzburg im Fokus. Bezüglich Chancengleichheit und Familie zeigen die Zahlen bei den Promovierenden in die richtige Richtung. Das Verbund-Netzwerk könne außerdem gut als Karrierenetzwerk dienen und auch wieder an die eigene Hochschule zurückführen.

Die von Dr. Kristin Seffer von der TH Deggendorf moderierte Workshop-Gruppe zum Thema 'Strukturierte Begleitung der Promovierenden - wie kann die Qualifizierung im Verbund aussehen?' präferiert die  Entwicklung eines Hochschul-Zertifikats für die Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses. So sei an der TH Deggendorf durch das Drittmittelprojekt 'FH Personal' bereits ein Hochschul-Curriculum eingeführt worden.

Dr. Larissa Drescher, HSWT, stellte die Ergebnisse des Workshops 'Soziale Medien - Wirkungsvolle Kanäle der Wissenschaftskommunikation?' vor. Die Corona-Pandemie habe in kürzester die Wissenschaftskommunikation auf Sozialen Medien befeuert. Im Workshop wurden Anregungen erarbeitet, welche Plattformen sich für welche Themen eigneten und wie Ergebnisse am besten vermittelt werden könnten. Von den verschiedensten Formaten der Wissenschaftskommunikation würden Social Media bzw. Blogs bisher nur von einem kleinen Teil genützt, es existiere eher eine Pull- statt eine Push-Situation. Kritisch wurde gesehen, dass Social Media auch leicht zu einer negativen Blasenbildung führen könne, wie die Situation bei Corona zeige. Also, dass sich Menschen nicht mehr außerhalb ihrer Blase informieren würden. Positive messbare Effekte seien dagegen die Zunahme der Reichweite von Wissenschaftler:innen auf Social Media Kanälen. Zunehmend mehr Menschen würden sich für Wissenschaft interessieren und daran orientieren, die Schnelligkeit in der Forschungs- und Informationsverbreitung sei sehr hoch auf diesen Kanälen. Social Media würden ein einzigartiges niedrigschwelliges Angebot bieten. Wissenschaftskommunikation finde derzeit vor allem auf den Social Media Kanälen Twitter, LinkedIn, Facebook und Instagram statt. Follower der Forschenden seien dabei zunächst wieder andere Forschende, wobei auch mehr als 40% der Follower aus Medien und der Bevölkerung kommen. Eine Analyse des Einflusses von Twitteraktivitäten habe gezeigt, dass z. B. der Impact-Faktor eines Journals steigen würde und damit es so eine Art Booster-Effekt für die Forschung gebe.

Keynote-Vortrag

Vor der Abschlussdiskussion gab es noch einen Keynote-Vortrag. Im Hinblick auf den fortschreitenden Klimawandel und daraus resultierenden starken Handlungsbedarf im Klimaschutz komme einer nachhaltigen Nutzung nachwachsender Rohstoffe immer mehr Bedeutung zu, so Veronika Auer vom Zentrum für biobasierte Materialien (ZBM) der TH Rosenheim. In ihrer Keynote "Das Dreigespann Bioökonomie, Holz und Klimaschutz“ beleuchtete sie die Holzverwendung in Hinblick auf Klimaschutz und Ressourceneffizienz.

Ausgangspunkt der Bioökonomie stelle die nachhaltige Nutzung nachwachsender Rohstoffe dar. Der Rohstoff Holz zähle dabei zu den wichtigsten und auch vielseitigsten Rohstoffen. Die Transformation der erdölbasierten Wirtschaft hin zur Bioökonomie gestärkt von verschiedenen politischen Strategien (z.B. Klimaschutzplan 2050, Waldstrategie 2020, Bioökonomiestrategie, Nachhaltigkeitsstrategie) rücke Holz als den Roh- und Werkstoff der Zukunft in den Fokus. Holz könne der Ausgangsrohstoff für viele Halbzeuge und Produkte sein, so die Referentin weiter. Als langfristiger Kohlenstoffspeicher und als wesentlicher Beitrag zum klimaneutralen Gebäude würden Holzbauprodukte einen weltweiten Nachfrageboom erfahren. So überstieg die Nachfrage nach Schnittholz im Frühjahr/Sommer 2021 bereits das Angebot und Holzprodukte seien auch in Zukunft zunehmend gefragt. Dies würde den Druck auf die Wälder und die forstliche Produktion erhöhen. Dies führe zu einer komplexen und paradoxen Situation: der wohl wichtigste, nachwachsende Rohstoff der Bioökonomie scheint für bestimmte Sortimente knapp zu werden.

Alternative Holzressourcen seien zwar verfügbar, würden jedoch unterhalb ihrer Möglichkeiten genutzt. Die Referentin zeigte deutlich die Zielkonflikte auf für die es „die optimale“ Lösung für alle Interessensgruppen nicht geben werde. In ihrem Fazit beschrieb sie den Handlungsbedarf auf dem Weg hin zu einer Forst- und Holzwirtschaft mit stabilen Versorgungkreisläufen sowie den Beitrag der Forst- und Holzwirtschaft zur Stärkung der holzbasierten Bioökonomie und zum Klimaschutz.

PDF zum Keynote Vortrag

Abschlussdiskussion

Die Beteiligten waren sich einig, dass sich das BayWISS-Verbundkolleg 'Life Sciences und Grüne Technologien' seit der Gründung 2018 äußerst erfolgreich entwickelt hat und eine wichtige Säule in der Unterstützung des wissenschaftlichen Nachwuchses an Hochschulen für angewandte Wissenschaften darstellt. Die Themen Wald und Bioökonomie sollen zukünftig noch mehr Raum einnehmen.