Hintergrund
Traditionell hat sich die Palliativversorgung auf Patienten und Patientinnen konzentriert, die an lebensbedrohlichen somatischen Erkrankungen wie Krebs oder fortschreitenden neurologischen Störungen leiden. Im Gegensatz dazu gibt es trotz der oft chronischen, schwerbehinderten und möglicherweise lebensbedrohlichen Natur psychiatrischer Störungen weder Palliativstationen noch klinische Richtlinien für Palliativmaßnahmen für Patienten und Patientinnen in der psychiatrischen Versorgung. Der palliative Ansatz in der Psychiatrie soll auf der Annahme basieren, dass ein Versorgungsansatz von einem kurativen zu einem palliativen Ansatz dazu beitragen könnte, die Patientenzentrierung zu fördern und die Lebensqualität schwerkranker Patienten und Patientinnen in der Psychiatrie zu verbessern (Strand, 2020).
Forschungsfrage
Hauptfragestellung: Welche Anforderungen werden benötigt, um einen Palliativ-Care Ansatz für Menschen mit schweren und anhaltenden psychischen Erkrankungen in Deutschland zu entwickeln?
Aus dieser Problemstellung leiten sich weitere Forschungsfragen ab, die die einzelnen Details genauer betrachten:
Welche spezifischen Bedürfnisse haben Menschen mit schweren und anhaltenden psychischen Erkrankungen im Rahmen der Palliativversorgung?
Welche bestehenden Palliative Care Ansätze sind in Deutschland bereits für andere Patientengruppen etabliert, und wie können sie auf Menschen mit psychischen Erkrankungen angepasst werden?
Welche rechtlichen und ethischen Aspekte müssen bei der Entwicklung eines Palliative Care Ansatzes für diese Zielgruppe berücksichtigt werden?
Welche Barrieren existieren derzeit in der palliativen Versorgung von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen, und wie können sie überwunden werden?
Welche Rolle spielen Angehörige und das soziale Umfeld in der Palliativversorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen?
Wie kann die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Gesundheitsberufen verbessert werden, um eine effektive Palliativversorgung für diese Zielgruppe zu gewährleisten?
Methodik
Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wurde ein mehrstufiges methodisches Vorgehen gewählt, um einen umfassenden Einblick an die Anforderungen zur Entwicklung eines Palliative-Care Ansatzes für Menschen mit schweren und anhaltenden psychischen Erkrankungen in Deutschland zu erhalten.
Quantitative Vorstudie: Die quantitative Vorstudie wurde initiiert, um eine objektive Erfassung des aktuellen Zustands (IST-Zustand) im Bereich der palliativen Versorgung bei Menschen mit schweren und anhaltenden psychischen Erkrankungen zu ermöglichen. Hierbei kamen eigens konstruierte Fragebögen zum Einsatz, die an eine repräsentative Stichprobe von stationären Einrichtungen im Bereich der akutpsychiatrischen Gesundheitsversorgung in Deutschland gesendet wurden. Die Beantwortung dieser Fragen bildete die Grundlage für die Ableitung weiterführender Forschungsziele sowie die Entwicklung von qualitativen Interviewleitfäden für die darauffolgenden Untersuchungsphasen.
Qualitative Studien: Basierend auf den Ergebnissen der quantitativen Vorstudie sollen Fokusgruppeninterviews mit medizinischem und dem paramedizinischen Personal in relevanten psychiatrischen Einrichtungen sowie Angehörigen von Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen geführt werden. Der qualitative Ansatz ermöglicht eine tiefgehende Exploration der wahrgenommenen Bedarfe, Herausforderungen und möglichen Lösungsansatze im Bereich der palliativen Versorgung bei schweren psychischen Erkrankungen.
Quantitative Onlineerhebung: Parallel zu den qualitativen Interviews ist die Durchführung einer quantitativen Onlineerhebung geplant. Diese richtet sich an Patienten und Patientinnen mit psychischen Erkrankungen. Durch die Nutzung standardisierter Fragebögen sollen quantitative Daten zu Bedarfen, Wünschen, Erfahrungen und Herausforderungen bezüglich palliativer Versorgung in dieser Zielgruppe erfasst werden. Die Onlineerhebung ermöglicht eine effiziente Datenerhebung und die Integration einer breiten Perspektive der Betroffenen. Die Auswertung der Daten wird mittels Jamovi erfolgen.
Zusammenführung der Ergebnisse: Die Ergebnisse der quantitativen Vorstudie, der qualitativen Interviews und der quantitativen Onlineerhebung werden zusammengeführt, um ein umfassendes Rahmenkonzept zur Implementierung eines Palliative-Care Ansatzes für Menschen mit schweren und anhaltenden psychischen Erkrankungen zu entwickeln. Die transparente Darstellung der methodischen Schritte gewährleistet die Nachvollziehbarkeit und Übertragbarkeit der Forschungsergebnisse.
Literatur
Strand, M., Sjöstrand, M., & Lindblad, A. (2020). A palliative care approach in psychiatry: Clinical implications. BMC Medical Ethics, 21(1), 29. https://doi.org/10.1186/s12910- 020-00472-8